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Verfasst von Nicole Renggli, Inhaberin younique hr consulting  | Nicole Renggli | LinkedIn​​

Sie wirken ruhig. Gelassen. Tun, was man von ihnen erwartet. Sie beschweren sich nicht, sind loyal, pflichtbewusst, verlässlich. Doch hinter dieser Ruhe liegt etwas anderes. Ein Nachlassen. Ein Rückzug. Ein inneres Verstummen.

Unterforderung ist selten laut. Sie klagt nicht, sie drängt sich nicht auf. Sie wirkt wie Stillstand und bleibt doch Bewegung, nur in die falsche Richtung: nach innen. Denn wer dauerhaft unterfordert ist, verliert nicht nur Aufgaben, sondern das Gefühl, gebraucht zu werden. Das Gefühl, etwas beizutragen. Und wo Sinn schwindet, beginnt Distanz.
 

Führungskräfte bemerken das oft spät. Sie sehen, dass jemand ruhiger geworden ist. Dass Ideen seltener kommen, Engagement nachlässt. Und sie deuten es als Desinteresse oder Bequemlichkeit. Doch meist steckt etwas anderes dahinter, nicht zu viel, sondern zu wenig. Zu wenig Herausforderung. Zu wenig Vertrauen. Zu wenig Raum, das eigene Können einzubringen.
 

Unterforderung ist kein Mangel an Arbeit, sondern an Wirksamkeit. Sie entzieht Energie, weil sie Sinn raubt. Und sie wird schnell zum Beziehungsthema, zwischen Mitarbeitenden und Führung, zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Wollen und Dürfen. Denn wer sich überflüssig fühlt, zieht sich zurück. Schweigt in Meetings.
Macht, was gefordert ist aber nichts mehr darüber hinaus. Er verliert das innere Band zum Unternehmen, lange bevor er kündigt. Das ist kein offener Konflikt, sondern ein stiller: Vertrauen erodiert. Beteiligung versiegt. Kultur bröckelt.

 

Organisationen sprechen über Performance, Effizienz, Zielerreichung. Doch selten über Sinn, Passung, Entwicklung. Über die Lücke zwischen Kompetenz und Aufgabe. Über das, was Menschen innerlich auf Abstand bringt. Denn Unterforderung ist kein persönliches Defizit. Sie ist ein strukturelles Signal. Ein Hinweis darauf, dass Potenzial ungenutzt bleibt, dass Kommunikation fehlt, dass Führung nicht wirklich hinhört.
 

Der Umgang damit beginnt nicht mit mehr Aufgaben, sondern mit mehr Aufmerksamkeit. Mit ehrlichen Gesprächen darüber, was Menschen brauchen, um sich lebendig zu fühlen in ihrer Arbeit. Mit der Frage: „Fühlst du dich gebraucht?“ und dem Mut, die Antwort auszuhalten.
 

Unterforderung ist kein Zeichen von Schwäche. Sie ist ein Zeichen von Wachheit. Ein Signal, dass jemand mehr kann, als er darf. Und wer dieses Signal übersieht, verliert Engagement, lange bevor er es merkt.
 

 In Zeiten, in denen alles schneller wird, übersehen wir leicht die, die zu wenig gefordert sind. Sie fallen nicht auf. Sie funktionieren. Doch genau dort beginnt Stillstand, nicht im System, sondern in den Menschen. Führung bedeutet, auch diese Stille wahrzunehmen. Sie nicht zu bewerten, sondern zu verstehen. Denn wo Unterforderung Raum bekommt, entsteht wieder Bewegung. Wo Potenzial gesehen wird, entsteht Energie. Und wo Sinn entsteht, wächst Vertrauen. Unterforderung ist kein Randthema. Sie ist der leise Konflikt, der entsteht, wenn Menschen ihre Stärke nicht zeigen dürfen. Und sie erinnert uns daran, dass Leistung nur dort entsteht, wo Menschen sich gebraucht fühlen, nicht beschäftigt.

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